Kaliabbau: Profite für Aktionäre - Umweltschäden für die Allgemeinheit

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Der Kalibergbau ist ein relativ junger Rohstoffbereich. Im 19. Jahrhundert wurde die Möglichkeit entdeckt, den kaliumhaltigen Abraum von staatlichen Salzgruben für Düngezwecke einzusetzen. Das Material musste getrennt werden und lieferte so Kalidünger und Grundstoffe für die aufstrebende chemische Industrie. Schnell entwickelten sich Kalisyndikate. Der Bedarf an Kali wuchs schneller als der Absatz des Salzes, und so wurden nun die Salzanteile am Mineral aufgehaldet. So genannte "Kaliberge" markieren die Gruben um Magdeburg, in Thüringen, Niedersachsen, im thüringisch/hessischen Kalirevier an der Werra und bei Fulda. Beschönigend werden die Abraumberge als "Monte Kali" bezeichnet, das Produkt als "weißes Gold".

In mehrfacher Hinsicht kommt es bei Förderung und Produktion von Kali zu Umweltschäden.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Salzlauge in Flüssen - Giftmüll Untertage

Bereits 1911gab es Proteste aus Bremen, das bei der Trinkwassergewinnung auf das Weserwasser angewiesen ist. Die bei der Trennung von Kalisalzen vom Steinsalz entstehenden Abwässer werden heute noch in die Quell- und Zulaufflüsse der Weser eingeleitet (Fliede, Fulda, Ulster, Werra u.a.). Neben den Produktionsabwässern spielen bei der Werraversalzung noch die Niederschlagswässer an den Abraumhalden eine Rolle. Der Regen wäscht an den Halden die Salze aus dem Berg. In Ablaufrinnen wird die Salzlauge gesammelt, in Auffangbecken geleitet und derzeit z.B. von Neuhof bei Fulda in LKWs und Bahntransporten zur 70 km entfernten Werra verbracht, um dort in den Fluss geleitet zu werden. Galt 1917 noch ein Grenzwert von 350 mg/l wurde der Grenzwert 1942 auf 2500 mg erhöht. Die Kaliproduktion war kriegsnotwendig für die Volksernährung und Sprengstoffproduktion. Noch heute werden die Salzeinleitungen in die Werra nach diesem willkürlichen Kriegsgrenzwert durch das Bundesland Hessen genehmigt. Beantragt wurde nun vom K+S Konzern eine Salzlaugenpipeline von der Abraumhalde Neuhof-Ellers bei Fulda zur Werra. Statt das Problem der Salzhalden z.B. durch Verfüllung von ausgebeuteten Stollen (Spülversatz) in den Griff zu bekommen, werden im Gegenteil Vergrößerungen der Abraumhalden durch die Landesbehörden genehmigt. Gerade aktuell will die Koch-Regierung in Hessen weiteren Staatsforst zur Vergrößerung der Halde Neuhof-Ellers an K+S verkaufen.

Auch nachdem in etwa 30 Jahren die Vorkommen erschöpft sein werden, ist nicht daran gedacht, die Abraumhalden wieder unter die Erde zu schaffen. Auf mindestens 1000 Jahre wird die Zeit geschätzt, in der Kanalsysteme und Laugenpipeline in Betrieb bleiben müssen, bis der Regen die Berge abgetragen und über Werra und Weser ins Meer transportiert hat. Ob die Rücklagen, die der Konzern für Folgeschäden bilden muss für solch kostenintensive Maßnahmen ausreichen, ist zu bezweifeln.

In Herfa-Neurode (Werk Werra) wird durch ein Tochterunternehmen der K+S Gruppe Giftmüll in stillgelegte Kalistollen eingelagert, ebenfalls Sondermüll in der niedersächsischen Grube Sigmundshall, in der Grube Asse Atommüll. Auch Filterstäube und Flugasche werden zur Verfüllung von Bergwerkshohlräumen statt vorhandenem Abraum aus dem Bergwerk selbst verwendet. Und dabei spart man sich auch noch die Sondermülldeponieerlaubnis. Bei einer solchen Nutzung winken enorme Profite. Aus Sicht des Konzerns ist Giftmülleinlagerung natürlich profitabler als den Abraum wieder Untertage zu bringen. Mehr hier

[Bearbeiten] Verpressung von Salzlauge in Gebirgsschichten

Das Regierungspräsidium Kassel untersagte 2008 K+S eine weitere Versenkung und Verpressung von Salzlauge in den Plattendolomit bei Fulda. Diese Methode wurde in der Kaliindustrie in Ost und West angewandt. Bereits seit 1925 wurden im Werra Gebiet über 40 "Schluckbrunnen" eingerichtet in denen die Lauge versenkt und später unter Druck verpreßt wurde.

Allein beim hessischen Fulda wurde mehr Salzlauge in die Gesteinsschichten der Region versenkt, als der Bodensee Wasser speichert. Es wurde festgestellt, dass es zu diffusen Austritten kommt und das Grundwasser der gesamten Region gefährdet ist. In der DDR wurde die Versenkung der Abwässer in Gesteinsschichten bereits 1968 aus eben diesem Grunde eingestellt und bei Gesprächen zum Grundlagenvertrag 1972 eine Laugenpipeline zur Nordsee in den Blick genommen. (Zusatzprotokoll zum Grundlagenvertrag). Der West Kalikonzern verhinderte dieses Vorhaben. Denn dabei wären enorme Investitionskosten auf ihn zugekommen, wobei doch das "Verstecken" in den Untergrund so billig ist. Nach der Wende kassierte der Konzern staatliche Zuschüsse zur Verringerung der Werra Salzfracht und versenkte munter weiter Salzlauge in den Untergrund.


[Bearbeiten] Giftstoffe und "natürliche" Radioaktivität

Ein Betriebsgeheimnis stellt dar, was sonst noch an Giftstoffen durch die Kaliproduktion in die Umwelt gelangt. Zur elektrostatischen Trennung der Mineralien wird eine Mischung elektrisch leitender Stoffe benutzt. Vermutet werden Schwermetalle, Brom, Arsen und anderes, die sich jeweils im Haldensalz und dem Abwasser befinden. Bei Feinstaub-Messungen wurden auch Cadmium und Blei (über dem Grenzwert) festgestellt. Auch diese Abfälle landen auf den Halden, im Grundwasser und in den Flüssen.

Wenig erforscht sind Menge, Konzentration und Wirkung der radioaktiven Strahlung, die beim Kalibergbau zu Tage gefördert wird. Kalium zählt zu den Quellen "natürlicher" Radioaktivität. Es beinhaltet das radioaktive Isotop K40. Kaliumverbindungen kommen in der Natur häufig vor, Pflanzen bauen sie in ihre Teile ein und Mensch und Tier benötigen Kalium für ihren Wasserhaushalt. Die Kaliumsalze aus den Tiefen der Erde, bringen jedoch auch das radioaktive Isotop an die Oberfläche. Die Werra bei Gerstungen weist den 30-fachen Wert gemessen in Becquerel/l im Vergleich zu anderen Flüssen auf. Sickerwasser aus Deponien in der Nähe von Kaligruben gar den 300-fachen Wert (Messungen Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie). Die Trinkwasserverordnung schreibt eine Gesamtrichtdosis vor, die alle künstlichen und natürlichen Radionuklide berücksichtigt, mit Ausnahme von Tritium, Kalium-40 sowie Radon und dessen Zerfallsprodukten, Zufall?


[Bearbeiten] Erdbeben durch Gebirgsschläge

Einstürzende Kalischächte bei Merkers (DDR) haben 1989 ein mittleres Erdbeben der Stärke 5,5 in der nördlichen Rhön verursacht. Es war bis nach Frankfurt und Magdeburg zu spüren und verursachte Millionenschäden an Gebäuden. Die DDR machte die Laugenverpressung der West-Kaliindustrie verantwortlich und forderte eine "sofortige Einstellung der Verpreßtätigkeit" der hinter der Grenze im Westen liegenden Werra Werke Hattdorf und Wintershall, die die Stabilität ihrer Gruben bedrohe. Erst dieses Jahr gab es im saarländischen Kohlebergbau einen Bergschlag durch Spannungsverlagerungen mit der Stärke 4,0 auf der Richterskala.


[Bearbeiten] Folgekosten berechnen - Profite beschneiden

All diese Auswirkungen auf Landschaft, Natur, Umwelt, Gesundheit, Biotope machen deutlich, welchen Preis die Allgemeinheit für die Profite des Börsenspitzenreiters K+S zahlen muss.

Karin Masche

[Bearbeiten] Weitere Artikel zum Kaliriesen:

  • Profite für Aktionäre - Umweltschäden für die Allgemeinheit
  • Aufmucken - Der Widerstand (Bürgerinitiativen an der Werra, Kommunen Niedersachsen, Landeswahlprogramme LINKE Niedersachsen und Hessen, Hessische Verfassung) (folgt)
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