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Kaliabbau: Profite aus Hunger, Krieg und Zwangsarbeit

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Inhaltsverzeichnis

Profite aus Hunger, Krieg und Zwangsarbeit

Der Konzern K+S in Gegenwart und Vergangenheit

Seit Beginn der Artikelserie vor im Mai 2008 haben die MDAX notierten Börsenkurse der K+S AG von 260 Euro auf knapp 360 Euro zugelegt. Seit Januar 2008 ist ein Zuwachs von über 100 Prozent entstanden. Die Financial Times Deutschland stellte fest, dass die weltweite Lebensmittelknappheit und der Agro-Kraftstoff-Boom, die Nachfrage nach Düngemittel nach oben treibt. Die Weltbank will Anbauländern mit Düngemittel- und Saatgutlieferungen in Milliardenhöhe unter die Arme greifen. Auch hier macht sich für K+S die strategische Partnerschaft mit dem Gentechnikriesen Syngenta bezahlt. Die Aktionäre scheffeln die Profite auf Kosten der Hungernden auf drei Kontinenten und bringen sie in ihre Abhängigkeit.

Im Einfluss auf die Politik zur Umsetzung seiner Interessen hat der Konzern fast ein Jahrhundert Erfahrung. Die deutsche Düngemittelindustrie ist eng verbunden mit dem Namen der reichsten Familien Deutschlands, der Familie Quandt. Bereits im ersten Weltkrieg zählte der Gründer der Dynastie als Textilfabrikant und Zulieferer für Uniformen zu den Kriegsgewinnlern. Mit diesem Kapital stieg Günther Quandt in die aufstrebende Kalifabrikation ein. Doch es blieb nicht bei Kali.

Die Wintershall AG stieß bei der Kaliförderung auf Erdöl, schnell entwickelte sich in den 20er Jahren in Deutschland der Markt für Erdöl und auch die Gier nach den Erdölfeldern der Sowjetunion. Hitler schien die passende politische Figur zu sein, die diese Konzerninteressen umsetzen konnte. Bereits 1927 warb Hitler in seiner Schrift mit dem Titel "Der Weg zum Wiederaufstieg" bei Industriellen für seine Pläne "Jedes Volk braucht zur Entfaltung seines eigenen Ichs den nötigen Raum auf der Welt." Der Generaldirektor der Wintershall AG August Rosterg gehörte zum Freundeskreis Reichsführer SS und stützte die Eingabe Industrieller vom November 1932 an den Reichspräsidenten Paul von Hindenburg mit der Aufforderung, Adolf Hitler zum Reichskanzler zu ernennen. Kali-Generaldirektor Rosterg sowie Hauptaktionär Günther Quandt nahmen an dem Geheimtreffen deutscher Industrieller vom 20. Februar 1933 mit Hitler und Göring teil. Von den daraus resultierenden eingegangenen Zahlungen auf das Treuhandkonto stammten über 30 Prozent aus dem Bergbau und dem weiteren Industriezweigen Quandts wie die Accumulatorenfabrik AG (später VARTA) und seinen Rüstungsbetrieben.

Unter der Mitgliedsnummer 2636406 trat Günther Quandt am 1. Mai 1933 der NSDAP bei, 1937 wurde er zum Wehrwirtschaftsführer ernannt. "Ihre hervorstechendste Eigenschaft aber ist Ihr Glaube an Deutschland und an den Führer", bescheinigte Hermann Josef Abs von der Deutschen Bank Günther Quandt im Jahre 1941 in einer Laudatio.

Auch private Bande wusste die Familie des Kali-, Erdöl- und Rüstungsmagnaten Günther Quandt einzusetzen. Quandts Ehefrau Magda heiratete nach der Scheidung den Reichspropagandaminister Goebbels. Die Hochzeitsfeier fand auf einem Landgut des Ex-Gatten Quandt statt, Harald der Erbe des Industrieimperiums der Quandts wuchs in der Familie Joseph Goebbels mit seinen Halbgeschwistern auf.

Der Faschismus an der Macht, Genossen, ist, wie ihn das 13. Plenum des EKKI richtig charakterisiert hat, die offene, terroristische Diktatur der reaktionärsten, am meisten chauvinistischsten, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals.

Georgi Dimitrow


Quelle des Reichtums: Sklavenarbeit

In Quandts AFA Werken, in denen Batterieanlagen für U-Boote, Torpedos, V2, Panzerfahrzeuge, Funk- und Radargeräte, sowie für Kampfflugzeuge und alle motorisierten Truppenteile produziert wurden, in den Kalibergwerken und anderen Rüstungsindustrien kamen KZ-Häftlinge aus Buchenwald, Neuengamme, Mauthausen usw. zum Einsatz. Die Sterberate in der bleiverseuchten Umgebung und in den Bergwerken z. B. der V2 Produktion Mittelbau Dora war enorm hoch. In stillgelegten Kalischächten wurden Reichsmunitionsanstalten eingerichtet. Neben KZ-Gefangenen arbeiteten hier Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter. Arbeiter aus den AFA-Werken bei Hannover und der V2 Produktion Dora-Mittelbau wurden 1945 auf Todesmärsche geschickt. Sie wurden in einer Feldscheune bei Gardelegen bei lebendigem Leibe verbrannt. Allein im Kalischacht Dora Mittelbau verloren 20 000 Menschen ihr Leben.


Lehren, gezogen im Nachkriegsdeutschland

Unter Mitwirkung der kommunistischen ehemaligen KZ-Häftlinge Emil Carlebach (Buchenwald), Oskar Müller (Dachau) und überlebender Verfolgter anderer Parteien entstand in Hessen eine der fortschrittlichsten Länderverfassungen. Sie beinhaltet u. a. kostenfreie Bildung, Verbot der Aussperrung und eben den Sozialisierungsartikel 41, der die Überführung explizit des Kalibergbaus in Öffentliches Eigentum vorsieht.

In einer Volksabstimmung wurde die Hessische Verfassung 1946 bestätigt. Auf Verlangen der Amerikanischen Militärregierung musste der Artikel 41 gesondert abgestimmt werden, erhielt aber dennoch 72 Prozent Zustimmung. Doch der Militärgouverneur Lucius D. Clay war nicht gewillt eine Umsetzung der Volksabstimmung zuzulassen: "In einer Zeit, in der die USA so viel Geld aus eigener Tasche zahlen, um Deutschland zu unterstützen, haben sie auch das Recht, ihre Meinung zu sagen und Experimente nicht zuzulassen". Die Militärs erteilten weiter den Befehl, dass die KPD-Minister aus der Regierung zu entlassen seien, obwohl die KPD bei den gerade stattgefundenen Wahlen drei Sitze hinzugewonnen hatte und mit der SPD (38 Sitze) eine absolute Mehrheit von 48 Mandaten bei insgesamt 90 Landtagsabgeordneten hätte herstellen können. Statt dessen ging die SPD auf Befehl der Amerikaner mit der CDU in eine Koalitionsregierung, und damit war auch im politisch-parlamentarischen Raum der Anfang der dann folgenden Restaurationsperiode gegeben.

Immer wieder wurde in den Anfangsjahren von Gewerkschaftern, Kommunisten und fortschrittlichen Sozialdemokraten die Umsetzung des Sozialisierungsartikels 41 eingefordert. 1951 noch erklärte der Hessische Staatgerichtshof den Artikel 41 für rechtsgültig. Auf diesem Stand stehen wir noch heute. Wir haben in der Artikelserie gesehen, wie die K+S Aktiengesellschaft die "wirtschaftlichen Freiheit" zu "monopolistischer Machtzusammenballung" und zu "politischer Macht missbraucht" (Artikel 39), sie handelt mit Laugeneinleitung in die Flüsse und Verpressung in den Boden dem Gemeinwohl zuwider (Artikel 45). Artikel 39 der hessischen Verfassung untersagt dies und verlangt "Vermögen, das die Gefahr solchen Missbrauchs (...) in sich birgt, ist auf Grund gesetzlicher Bestimmungen in Gemeineigentum zu überführen".

Karin Masche


Verfassung des Landes Hessen Artikel 41

Sofortsozialisierung von Kohle und Stahl, Erzen und Kali, Energie und Eisenbahnen

(1) Mit Inkrafttreten dieser Verfassung werden

1. in Gemeineigentum überführt: der Bergbau (Kohlen, Kali, Erze), die Betriebe der Eisen- und Stahlerzeugung, die Betriebe der Energiewirtschaft und das an Schienen oder Oberleitungen gebundene Verkehrswesen,

2. vom Staate beaufsichtigt oder verwaltet, die Großbanken und Versicherungsunternehmen und diejenigen in Ziffer 1 genannten Betriebe, deren Sitz nicht in Hessen liegt.


Weitere Artikel zum Kaliriesen:

  • Umweltsauereien der Kaliindustrie (Werra Versalzung, Laugenverpressung, Giftmülleinlagerung) (folgt)
  • Aufmucken - Der Widerstand (Bürgerinitiativen an der Werra, Kommunen Niedersachsen, Landeswahlprogramme LINKE Niedersachsen und Hessen, Hessische Verfassung) (folgt)
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